Sicherungsverwahrte - die Treibjagd ist eröffnet
13. August 2010 - Amtsblatt - 534
Ein Kraftakt für die Polizei (BZ v. 07.08.10), Rund um die Uhr überwacht (BZ v. 09.08.10) es geht um die Entlassung von bisher 2 Sicherungsverwahrten aus der JVA Freiburg, der max. noch 13 sog. Altfälle folgen können. Die juristischen und menschlichen Aspekte spielen kaum eine Rolle in der öffentlichen Diskussion, ein Foto auf S.2 der BZ v. 07.08.10 zeigt, um was es geht: Raus Du Sau steht auf einem Plakat, das ein Kind hoch hält. Die Treibjagd ist eröffnet. Die Munition liefern die Medien, die mit ihrer Kosten-Nutzen Argumentation immer radikalere Lösungen nahe legen. Der Gipfel der bisherigen offiziellen Diskussion ist die Forderung nach einem Internet-Pranger, so die BILD, Herr Geis (CDU) und Herr Wendt (Polizeigewerkschaft). Auf der Straße wird nach Lösungen gerufen, die deutliche Bezüge zur Nazizeit haben. In dieser Situation haben es besonnene Stimmen schwer. Der Bochumer Kriminologe Feltes verweist in der BZ v. 09.08.10 darauf, dass die Gefährlichkeit dieser Leute extrem überschätzt werde. In dieser aufgeheizten Situation wäre es Sache der Politik zu mäßigen und festzustellen, dass die bestehende Rechtslage mit den Möglichkeiten der Sicherungsverwahrung, der (hoch problematischen) nachträglichen Sicherungsverwahrung und der Führungsaufsicht nach Entlassung ein Maximum an Kontrolle bereits ermöglicht und dass es bei weitem sinnvoller wäre, das viele Geld, das jetzt polizeiliche Überwachungsmaßnahmen kosten, in präventive Maßnahmen während des Strafvollzug zu investieren. Aber dort wird seit Jahren massiv gespart. Dasselbe gilt für den Bereich der unter Justizminister Goll privatisierten Bewährungshilfe.Und die Kommune? Gerade Freiburg mit seiner Vollzugsanstalt und den dort einsitzenden Sicherungsverwahrten hätte ein Interesse am Aufbau entsprechender Einrichtungen. So musste der Freiburger Anstaltsleiter Rösch bekannt geben, dass der am 04.08.10 entlassene Sicherungsverwahrte in keiner der angefragten Einrichtungen für betreutes Wohnen untergebracht werden konnte. Die Stadt musste kurzfristig eine Lösung finden. Was überall fehlt sind Auffangeinrichtungen, in denen nach Weisung des Gerichtes auch entlassene Sicherungsverwahrte aufgenommen und qualifiziert betreut werden müssen. Das können die Kommunen alleine nicht stemmen.
Michael Moos
Stadtrat der Linken Liste/Solidarische Stadt