Wir können zwar immer schneller Autos produzieren, aber nicht schneller Kinder betreuen oder Kranke pflegen...
Irene Vogel
7. November 2013 - Amtsblatt - 611
Der Arbeitskreis Care der Unabhängigen Frauen hat in den letzten Monaten zahlreiche Gespräche geführt mit Menschen, die in Sorgeberufen arbeiten: mit Leiterinnen von Freiburger Kindertagesstätten unterschiedlicher Träger, mit Personalrätinnen der Uniklinik, mit in Pflegeheimen Arbeitenden und den kirchlichen Sozialstationen, die in der ambulanten Tagespflege tätig sind. Mit wem wir auch sprachen, wir hörten das Gleiche: es herrscht Geldnot und Zeitnot. Nöte, die sich mit dem Abbau des Sozialstaats zuspitzen und sich auf die Beschäftigten so negativ auswirken wie auf diejenigen, um die sie sich kümmern, die sie fördern und betreuen, unterstützen oder pflegen.Das hohe Engagement in diesen überwiegend von Frauen ausgeübten Berufen wird schlecht entlohnt und deshalb von Männern verständlicherweise gemieden. Jeder Dachdecker verdient mehr als eine Erzieherin, der wir unsere Kinder anvertrauen und jede Altenpflegerin, die sich um unseren Vater kümmert, steht mit der Minutenpflege derart unter Zeitdruck, dass für Zwischenmenschliches kaum Luft bleibt. Ursache dieser sozial- wie geschlechterpolitischen Misere ist das kapitalistische Prinzip der maximalen Ausbeutung bei minimalem Einsatz, das auch die sozialen Systeme immer mehr durchdringt. Damit das noch schneller und kostengünstiger gelingt, wurden all diese Bereiche staatlicher und städtischer Daseinsvorsorge für die Privatwirtschaft geöffnet und den Gesetzen von Effizienz und Profit unterworfen.
Die Folgen: Für Kinderbetreuung, Bildung und Ausbildung, für Gesunderhaltung und bei Krankheit oder Altersschwäche ist zunehmend mehr die Familie und auch hier wieder v.a. die Frauen verantwortlich - und überlastet. Wiederum entsteht mehr und mehr Geldnot und Zeitnot.
Es macht Mut, dass sich die Beschäftigten des Klinikums und die in der Tages-pflege Tätigen gegen diese negativen Entwicklungen in ihrer Arbeit und damit auch für ihr Klientel zur Wehr setzen, aber für eine gesellschaftspolitische Richtungsänderung braucht es mehr. Betroffen sind wir Alle.
Ausstellung des Care-AK der Unabhängigen Frauen in Kooperation mit der VHS Freiburg und attac: in der VHS im Schwarzen Kloster, Rotteckring 12
Bis 29. November - Who cares? Wer kümmert sich + Wen kümmerts?
Irene Vogel