VGH: Allgemeines Alkoholverbot verstößt gegen Freiheitsrechte
Amtsblatt 509, 30. Juli 2009
Die Initiative Salomons, mit einer neuen Polizeiverordnung Schlägereien nachts in der Innenstadt zu bekämpfen, war in der Freiburger Öffentlichkeit sehr umstritten. Zwischen Martinstor und Universität galt das Verbot des öffentlichen Alkoholkonsums außerhalb von Strassenkneipen. Die Polizei konnte jedem die Bierflasche abneh-men, ob gewaltbereit oder nicht spielte keine Rolle. Alkohol führt zu Gewalt war die einfache, aber ebenso falsche Begründung.Die zweite aufgehobene Polizeiverordnung betraf das so genannte Gruppen-Trinken auf öffentlichen Plätzen. Die Polizei wurde damit ermächtigt, präventiv einzugreifen, wenn sie annahm, dieses Verhalten könne in der Zukunft zu Störungen führen. Die Unabhängigen Listen hatten als einzige Fraktion im Gemeinderat gegen beide Verordnungen gestimmt. Unsere Gründe waren die Gefahr polizeilicher Willkür und die pauschale Beschneidung allgemeiner Freiheitsrechte. Hinzu kam für uns wesentlich die gleichzeitige Kürzung der Alkohol- und Drogenberatungsstellen in der Stadt. Damit waren auch moralische Argumente für ein Alkoholverbot als scheinheilig entlarvt.
Unsere Forderung, präventive Maßnahmen zu ergreifen und eine breite und dauerhafte Aufklärungskampagne vor allem für Jugendliche zu machen, wurde endlich Ende 2008 umgesetzt, die Kürzungen sind allerdings geblieben.
Dank der Klage des AK Kritischer Juristen, den die UL un-terstützt hat, sind nun beide Polizeiverordnungen gefallen. Das Gericht hat unsere rechtlichen Einwände geteilt und in seiner Begründung einen wunderbaren Vergleich herangezogen: Es könne auch kein allgemeines Badeverbot ausgesprochen werden, weil Einzelne beim Baden ertrinken. Dieses Argument sollte selbst dem Grünen Oberbürgermeister einleuchten. Er täte gut daran, das Urteil nicht nur formal zu akzeptieren. Kaum war der Richterspruch aus Mannheim bekannt, forderte er das Innenministerium und den Landtag auf, eine neue gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für derartige Eingriffe zu schaffen. Die Geringschätzung von Sozialpolitik und die Ausweitung polizeilicher Kompetenzen da kommt zusammen, was zusammen gehört.
Irene Vogel und Michael Moos